Wiener Zeitung vom 21.09.2006

Hatschi-Bratschi isst kein Schweinsschnitzel

"Saray": Zwei Kulturen, viele Klischees, viel Oper und wenig Handlung

Von Stephanie Dirnbacher

Getrennte U-Bahn-Waggons für Männer und Frauen? Damit die Frauen in ihren aufreizenden Kleidern nicht die muslimischen Männer verlocken? Kein Schnitzel im Kindergarten, weil Schweinefleisch schmutzig ist? Um diese Klischees vom Orient, konkreter von den Türken, dreht sich "Saray - Mozart alla turca", das am Dienstag im Schauspielhaus Premiere feierte. Der Titel verrät so Einiges – Gott sei Dank, sonst wäre man in der Inszenierung von Ibrahim Quraishi etwas verloren. Ausländerfeindliche Parolen und die Geschichte vom bösen "Hatschi-Bratschi" lassen zwar keinen Zweifel an dem zentralen Thema, den kulturellen Differenzen zwischen westlich-europäischer und türkischer Gesellschaft inklusive aller Vorurteile.

Doch die Darstellung ist ziemlich misslungen: Einzelne Teile aus Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail" werden durch unzusammenhängende Zwischenhandlungen miteinander verbunden. Die dünne Story kann von der musikalischen Darbietung nicht gerettet werden. Mit orientalischen Variationen der Mozart-Arien, die teils auf deutsch, teils auf türkisch gesungen werden, bringt Serdar Yalçin zwar einen frischen Wind ins Schauspielhaus. Doch bei aller Liebe zur Political Correctness ist hier ein "alla Mozart" doch einem "alla turca" vorzuziehen. Schwer zu singen . . .

Die Darsteller hatten jedenfalls mit den stimmlichen Herausforderungen der Mozart-Oper zu kämpfen. Denn "Die Entführung aus dem Serail" erfordert selbstverständlich höchste Flexibilität der Tongebung und einen großen Umfang der Gesangsstimmen. Weder das eine noch das andere kann man freilich von Theaterschauspielern verlangen. Großes Lob gebührt hier aber Michael Doumas, der als Oskar S. mit einem erstaunlich professionellen Bass überraschte. Schauspielerisch brillierte Martin Niedermair als Felix H., der aus seiner an Selim Bassa orientierten Rolle das Beste heraus holte und den Prototypen eines ausländerfeindlichen Österreichers verkörperte. Auch Serap Gögüs, die die Konstanze auf türkisch gab, schlug sich ganz gut.

Der Rest des Ensembles konnte nicht überzeugen.